Blogeintrag

Camping mit Hund in Burgund und …

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Amüsant-besinnlicher Reisebericht mit Lola

von Klaus-P. Fütterer // 2021

Teil 1

Erst mal grob: Es ist Oktober, Lola ist eine 4-jährige Border-Collie-Hündin, ich bin der Klaus und wir fahren in einem Gelegenheits-Camper-Bus nach Frankreich. 

Lola wurde uns mit 4 Monaten von Nachbarn wärmstens empfohlen. Sie hatten sie kurz vor Weihnachten als reinrassige „von und zu“ ins Haus genommen. Ihre Kinder freuten sich, zunächst, bis die Anweisung ausgegeben wurde, dass man mit dieser Rasse besser nicht Bällchenholen oder Ähnliches spielt. Was Lolita lernt, kann Lola nimmermehr lassen. So die Devise.

Als man sie dann schon bald wieder (wegen Allergie 😉) abgeben musste, kamen wir ins Spiel. Unser Vorgängerhund war gerade verstorben, folglich war das Herz weit und das Gehirn abgeschaltet. Meine Widerstände blieben zugegebenermaßen zaghaft: Ich gab vehement zu bedenken, dass wir nicht die konsequentesten Hundehalter sind, die mit Zeit und Geduld dem hochintelligenten und stets wachsamen Tier die notwendigen Anreize und Aufgaben geben können und dass unsere Schafherde ja noch im Aufbau befindlich sei; aktueller Bestand: 0.

Sprach´s und konnte mich schon einem Besuchstermin mit unseren Kindern bei den Haltern nicht widersetzen. Mir war klar: der Vernunft droht eine Niederlage!

Lola zeigte uns bei dem Besuch dann, was sie schon gelernt hatte: sie schob einen Plastik- Kinderhocker, der eigentlich dafür bestimmt ist, ortsfest vor einem Waschbecken dem Kleinkind den Zugang zur Körperpflege zu erleichtern, in atemberaubender Geschwindigkeit quer über den gefliesten Küchenboden. Ähnlich wie die Kugel beim Flipper prallte sie beim Auftreffen auf Hindernisse wie Wände oder Möbel unter Außerkraftsetzung aller physikalischen Gesetze mit einer Zunahme der Geschwindigkeit und Missachtung der Grundregel „Einfall-gleich-Ausfallwinkel“ ab.  Wir wohnen in einer Einflugschneise, was mir meine Geräuschempfindlichkeit im 3-Minuten-Takt deutlich werden lässt. Aber die Flugzeuge fielen mir während dieser Show nicht weiter auf.

Ich kam mir vor wie der Hahn bei Asterix, der wegen seines Krähens, zu zugegebenerweise teils unpassenden Zeiten, von intoleranten, übermächtigen Bewohnern dieses gallischen Dorfes übelst unterdrückt wird. Also kam ich mit meinem Einwand, wie der Hahn, gerade noch bis „Kicker….!?“ und dann war die Entscheidung gefallen: „Ein Hund in Not! Wir schaffen das!“. Ich konnte aus meiner drohenden Überforderung nur meine moralische Unterstützung zusagen: „Ihr schafft das!“ 

Wir sind inzwischen ja schon etwas weiter. Die Erziehung war erfolgreich, zumindest was Kinderhocker angeht. Die gibt es bei uns nicht.

Ihr Hauptjob wurde das Hüten meiner Füße. Eine große Aufgabe, denn ich arbeite zu Hause und trage Schuhgröße 47.  Mein Therapeut beruhigte mich nach einem Hausbesuch: ich leide nicht unter Verfolgungswahn. Ich werde verfolgt.

Da sie Ihren Job mit sehr viel Energie erfüllt, habe ich sie liebevoll meinen Borderline-Collie getauft. Das hilft mir, ihre Attacken als nicht bedrohlich einzustufen.

Die Tour soll also auch der Beziehungspflege dienen. Mal raus aus dem Alltag! Nur sie und ich, in entspannter Atmosphäre, bei gutem Wetter. „Das tut uns bestimmt gut!“ sagte ich, konnte damit aber nicht alle Zweifel in der Familie, daran, dass wir gemeinsam zurückkehren würden, zerstreuen.

Unser Transit-Bus, der in den letzten 12 Wochen Pumpen, Generatoren, Trockner, Menschen und Werkzeug und gespendete Kühlschränke an die Ahr transportiert hat, war tatsächlich noch vom Schlamm zu befreien und danach war aus dem 8-Sitzer in weniger als 30 Minuten ein VariVan-Camper mit allem Schnick und Schnack umgerüstet. Unter dem Schlafplatz für Erwachsen (ich bin knapp zwei Meter lang und wiege zuviel) gibt es eine Menge Stauraum, ein CampingToi, eine Kühlbox und eine Kompaktküche mit Spüle und Induktionskocher. Also keine Ausrede mehr, dass man im Restaurant essen muss. Eigentlich.

Da man die Schlaffläche zu einer Sitzbank auffalten kann, schreibe ich den Bericht in der Ruhe des Campingplatzes im Bus, an meinem Tisch, während Lola sanft schnarcht.

Wir beginnen die Reise mit einem Totalausfall. Ich wollte gern, dass Lola während der langen Fahrt in meiner Nähe sein kann, also weder im dunklen Staufach unter der Schlafebene, noch ungesichert darauf. Deshalb hatte ich recht zeitig, aber scheinbar nicht rechtzeitig, ein Hundekissen mit Sicherungsgeschirr und gepolstertem Auffangrand für den Beifahrersitz bestellt. Wir improvisieren: Ich lege ihr das dicke Schlafkissen auf den Sitz und sie formt daraus eine Art Wanne mit gepolstertem Auffangrand. Das Sicherungsgeschirr kommt wieder von mir. Ich würde wohl nicht zugeben, dass diese Konstruktion der professionellen in irgendetwas nachsteht.

Teil 2

Auf dem Weg ins Burgund kommen wir an der Geierlay-Hängeseilbrücke vorbei. Mit 360 Metern Länge und einer stattlichen Höhe von 100 Metern über einem steilen Tal südlich von Cochem, gilt sie als technisches Meisterwerk. Diese Tatsachen, gepaart mit dem zu erwartenden Prickeln und dem Allmachtsgefühl eines Tarzan, ließen an einer Stelle ein Verkehrsaufkommen entstehen, wo bislang niemand das Bedürfnis angemeldet hatte, vom einen auf den anderen Berg zu gelangen.

Die Touristen kamen also in Scharen, bildeten Schlangen, drängten von beiden Seiten auf das Bauwerk und dann kam Corona. Nun ist die Brücke nicht allzu breit, in jedem Fall nicht so breit, dass darauf unter Einhaltung von 1,5m Hygieneabstand Überholen oder gar Zweirichtungsverkehr möglich gewesen wäre. Deshalb war sie lange völlig gesperrt. Bis, wahrscheinlich der zuständige Tourismusverband, definierte: die Brücke sei ja keine öffentliche Verkehrsfläche (dafür gab es ja keinen Bedarf), auch sei sie ja nicht wirklich einem Kirmes-Fahrgeschäft gleichzusetzen (ach?!), sie sei doch eher eine Kulturstädte! Für solche gäbe es gerade Regeln, die Knieschlottern im gebührenden Abstand in einer Richtung zuließen. Das ginge zwar mit dem Verkaufsverbot für Bier einher, aber man könne eben nicht alles haben. Bier gäbe es dann eben nur noch hinter den Verkaufswagen an den Brückenköpfen oder im Dorf.

So wie mir als Sponti die VariVan-Gelegenheitscamper-Idee sehr entgegenkommt, hatte ich mir über die Verkehrsregelung auf einer Brücke keine Gedanken gemacht. Ich dachte so: Lola und ich fahren da mal hin, gucken uns das an, gehen mal ein paar Schritte drauf und wenn einer von uns beiden signalisiert, dass für ihn Heldentum nur eine ausgeprägte Form von Dummheit ist, dann rennen wir schnell die paar Meter zurück. 😊

Aber Einbahnstraße bedeutet: „Bisse drauf, musse rübber.“

Wenn ich Lola nicht als absolut schwindelfrei kennengelernt hätte (sie läuft auch über Gitterroststege), wären wir wohl an dem Einstieg ausgestiegen.

Obwohl sich durch die Einbahnstraße ein zwangsläufiger Rundweg von ca. 7 km/ 2,5 Stunden Länge ergibt, der wirklich landschaftlich reizvoll und abwechslungsreich ist, kann man ihn Besitzern normaler Hunde mit zumindest rudimentärem Risikobewusstsein, kaum empfehlen.

Wir, also zumindest ich, waren stolz, die Talquerung geschafft zu haben. Ich war mir nicht ganz sicher, ob mein Stolz darüber überwog, die Seiten gewechselt zu haben, ohne mich zu übergeben, oder darüber, dass ich dem Tier so viel Halt und Sicherheit geben konnte, dass es nicht getragen werden wollte (wie andere, größere).

Teil 3

Nicht nur der Sparfuchs wählt auf seinem Weg von Deutschland nach Frankreich gern mal die Route über Luxembourg. Nachdem CDs etwas Unsicherheit ins verdeckte Anlagegeschäft gebracht haben, lohnt sich der Weg doch weiterhin, um ein letztes Mal günstig zu tanken und den Kaffee- und Sektvorrat aufzufüllen. Ich freue mich über das enorme Stauvolumen meines VariVans und eine zulässige Zuladung, die meinen Jahresbedarf an Sekt verkraften wird (der Ausbau der 6 Einzelsitzen á ca. 50 kg, plus dem Gewicht der potentiellen Menschen darauf, ca. 80 kg pro Sitz, in Sekt umgerechnet; das müsste passen! … wenn nicht noch ein Junggesellinnenabschied einer Tochter…?? Doch, passt!).

Wir übernachten auf einem Platz im Süden der Stadt. Kockelscheuer ist sehr gepflegt, erschwinglich und bietet einfaches, aber gutes Essen im Restaurant.

Es gibt noch ein Gassi und wir treffen viele, unterschiedliche Hunde. Das war bislang Garant dafür, dass ich mit einer Schulterluxation heimkehre. Wenn sie in einem Moment noch ruhig und scheinbar völlig auf mich oder auch mal auf die „Tageszeitung“ am Wegesrand fixiert scheint, verdoppelt sich mit einem Wimpernschlag ihr Volumen, das zarte Mäulchen mutiert zu einer fiesen Grimasse und sie schafft es trotz kurzer Leine bis weit über die Straßenmitte zum gehassten Kollegen. Das gelingt freilich nur, wenn sie meinen Arm dabei in gleicher Geschwindigkeit in diese Richtung dreht und zieht. Und wenn das der natürlichen Beweglichkeit einer Schulter nicht entspricht, ..Tja.

Aber im Luxemburgischen, allein mit mir: nix. Keine Bürste, keine Furche im Asphalt, keine Luxation! Mein guter Einfluss! Denke ich und bin mir nicht ganz sicher.

Wir schlafen getrennt. Ich räkele mich auf der 1,60m breiten Liegefläche und Lola zieht sich in ihre Wanne mit gepolstertem Auffangrand zurück.

Sauber angetäuscht! stelle ich am nächsten Morgen fest, als meine Hand neben meinem Kopf in etwas sehr Weiches, Plüschiges greift.

Teil 4

Wir fahren weiter nach Nancy.

Es gibt großartige Architektur aus den Zeiten des Jugendstils (ca. 1900). Vor allem zwischen Place Maginot und Place Stanislas zeigt sich eine lebendige, junge Stadt mit Charme. Heute, an einem Samstag mit blauem Himmel, sind alle Plätze in den Straßencafés besetzt. Gartenausstellungen und Spielmöglichkeiten auf den Plätzen inspirieren die Passanten. Lola ist der Star. Sie fährt keine Hunde an, hört aufs erste Wort und lässt sich geduldig von Kindern streicheln. Wie süß! denken alle, die sie nicht kennen.

Nächstes Ziel: Chaumont. Eine kleine touristische Stadt mit vielen Angeboten. Aber herausragend ist ein dreigeschossiges Viaduct aus den Jahren 1855-56, als Teil einer Bahnlinie. Klar, da muss auch mal eine Fuge oder ein Stein erneuert werden, aber die bei uns inzwischen übliche Brücken-Halbwertzeit von 40 Jahren, übertrifft sie  
locker. Lola macht noch den Unterspültest an einem  
Pfeiler. Keine Reaktion. Steht immer noch.

Teil 5

Manche Beifahrer/innen neigen ja dazu, bei der Annäherung an ein Hindernis leicht zu verkrampfen, das Bodenblech einzudrücken, sich mit Händen und Zähnen im Fahrgastraum zu sichern und zu japsen: „Ich sag ja gar nichts“. In völlig unprekären Situationen entweicht dann doch gern mal ein „Pass auf!!!“ oder „Niiicht!!!“, wobei mein Schreck dann gern auch mal eine prekäre Reaktion auslöst.

„Hab ich ja gesagt!“- „Nee, hast du gemacht!“

– Nicht so meine Lola! Den großen Teil der etwas langen Etappen schläft sie wohlig in ihrer Kissenwanne mit gepolstertem Auffangrand. Wenn sie wach ist, sitzt sie aufmerksam und beobachtet die Landschaft und den Verkehr. Still. Gute Beifahrerin!

Ob sie die Rechts-vor-links-Regel wirklich verstanden hat, weiß ich nicht sicher. Aber mir leuchten ja auch die Abseitsregel im Fußball noch nicht in allen Facetten ein. Da läuft ein Spieler gefühlt minutenlang allein auf den gegnerischen Torwart zu, umdribbelt ihn, lässt den Ball mit einer gewissen Überheblichkeit ins Tor rollen, freut sich wie Bolle, trommelt sich auf die Brust, schlägt einen Purzelbaum oder rutsch breitbeinig auf den Knien auf die Eckfahne und die dort positionierte Kamera zu, die Mitspieler werfen sich auf ihn und bilden etwas, was ich als Freudenhügel bezeichnen würde. Und dann hebt ein Gegenspieler irgendwo im Off der Aufmerksamkeit den Arm und der Linienrichter die Fahne. Nix mit dem Tor. Der Freudenhügel löst sich mit hängenden oder schüttelnden Köpfen wieder auf. Der unten liegende Torschütze wird noch kurz am Spielfeldrand wiederbelebt.

Ich verstehe es nicht.

Teil 6

Aber wo waren wir?! Auf dem Weg nach La Fosse Dionne.

Erste Fotos im Internet zeigen eine überdimensionierte Badewanne.

Mir ist sofort klar: Fosse = Fass! Dann ist Dionne bestimmt der Kosename von Dionysos, dem griechischen Gott des Weines! So erschließt sich mir trotz geringer Französischkenntnisse die ganze Geschichte von dem netten Dicken, der gern mal zu einem genüsslichen Bad in Wein vorbeigekommen ist.

Ich recherchiere noch etwas, um meine These bestätigt zu finden, und treffe dabei auf ein traumatisches Bild: mein Lateinlehrer, hochroter Kopf, meine letzte Klassenarbeit mit zwei Fingern haltend, offenbar von Ekel geschüttelt, den Herrn nach Hirn für mich anflehend, „Das ist völliger Blödsinn! – Sechs!“ (womit mein Trauma dem geneigten Leser einen kleinen Tipp bezüglich meines Alters gibt! Seit wann gibt es das Punktesystem?! Denn mein Lateinlehrer wollte mich nicht etwa mit ein paar Pünktchen glücklich machen und eine Versetzung in Aussicht stellen, nein. Er meinte, das war viel Fantasia, aber hatte mit den Gedanken von Catull eben nichts zu tun. Dafür gab es keinen Punkt, eben sechs.)

La Fosse Dionne ist tatsächlich ein zu einer Waschstelle ausgebauter Quelltopf einer durch das Karst-Kalkgestein des steil ansteigenden Berges dort natürlich austretenden großen Quelle.

Mit einer Wassermenge von 300 bis 3.000l / Minute gehört sie zu den Großen. Die beeindruckende Waschstelle mit dem überdachten Umgang wirkt durch den dunklen Umgang etwas finster und mystisch. Schließt man aber die Augen, stellt sich die heitere Betriebsamkeit der Waschfrauen/-männer an einem sonnigen Tag, begleitet von natürlich französischen Volksliedern, ein. Zumindest bei mir. Welches Bild davon dem Charakter der keltischen Namensgeberin, der Quell-Göttin Divona eher entspricht, konnte ich nicht klären. Einfach mal hinfahren, Augen schließen, selber nachgucken!

Lola ist bekanntermaßen keine begeisterte Schwimmerin. Dass sie in den etwas algigen Quelltopf nicht einsteigen will, kann ich verstehen, obwohl das Wasser glasklar ist.

Den Blick hat sie nicht von mir!

Die gut beschilderte Zufahrt zur Quelle ist für ungeübte Fahrer größerer Wohnmobile eine Herausforderung. Da lob ich mir ja den Ausbau meines eigenen, gewohnten Alltagsbusses.

Entlang des von der Fosse mit gespeisten Flusses gibt es im Ort noch nett angelegte Parks und Gastronomie.

Waschplatz. Pah! – Meine Geschichte von der Badewanne für Dicke gefällt mir immer noch besser.

Teil 7

Mein Lieblingshund und ich machen uns auf nach Guédelon.

Hier wird seit 1997 mit den Techniken des 13. Jahrhunderts eine Burg errichtet. Vom direkt angrenzenden Steinbruch werden die rohen Steine mit Gespann zur Steinmetzwerkstatt gefahren, wo eine Hand voll Arbeiter daraus Quader schlagen. Auf die Mauern, die inzwischen kurz vor der Fertigstellung stehen, werden sie mit Holzkränen und Seilwinden gezogen. Vermauert werden sie mit selbst hergestelltem Kalkmörtel.

Die Werkzeuge entstehen in der Schmiede und

anderen Werkstätten, wo wir als Besucher die Entstehung verfolgen, oder mal ein französisches Wort mit dem Schmied oder der Korbflechterin wechseln können.

Die Verpflegung der Arbeiter übernimmt ein kleiner Hof, auf dem Gemüse gezogen und Vieh gehalten wird.

Wer sich von der Echtzeit-Kommunikations-Mentalität und der Allzeit-Verfügbarkeit aller Konsumgüter für die Dauer des Besuchs zu lösen vermag, der erfährt in der Langsamkeit die Komplexität schon des einfachen Lebens. Der Weg vom Setzling bis zum Gemüsegericht auf dem Teller oder die Entwicklung eines Felsens zum Schlussstein eines Torbogens, an der Burg sind die Abläufe eines Jahres oder Tages eigentlich schon im Zeitraffer zu erleben. Trotzdem kann das helfen, den Wert der Dinge etwas besser zu verstehen.

In den französischen Sommerferien ist die Baustelle stark besucht! Im Jahr 2023 soll sie abgeschlossen werden. Also: nix wie hin!

Lola durfte übrigens mit rein. Die freilaufenden Gänse schienen etwas beunruhigt. Sie überlebten zumindest Lola. Die Speisekarte vom nächsten Tag habe ich darauf nicht untersucht.

Wir drehen noch eine Runde durch den Wald. Ständig knallen die Schrotflinten der Jäger. Es ist Jagdsaison in Frankreich und diese Gelegenheit scheint man zu nutzen.

Lola lässt das völlig kalt. Kein Zucken, kein Jaulen, kein „ich will auf den Arm!“, keine Neigung, sich an der Jagd zu beteiligen. Sie ist halt ein Hüter.

Teil 8

Aber vorher sollte ein schöner Campingplatz an einem der vielen kleinen Seen in der Gegend angefahren werden. Um nicht abends heimatlos zu sein, habe ich mir eine App mit Stell- und Campingplätzen aufs Handy geladen. Praktischerweise kann man aus den dortigen Platzbeschreibungen die Adresse direkt in das Navi übernehmen. Beim Klick auf diese Funktion blitzt die Rubrik „geöffnet“ noch bis in mein Bewusstsein. Ich schau nochmal nach und finde unter „geöffnet:“„geschlossen seit 1.10.“. Auch die nächsten Plätze am Wegesrand befinden sich schon im Winterschlaf.

Die Sonne verfärbt sich schon langsam rot, meineGesichtsfarbe passt sich an. Die erwartete Nachttemperatur in der Gegend wird mit 6-8°C angegeben. Da hätte ich ganz gern etwas Strom, um den mitgeführten Frostwächter aktivieren zu können.

Bei der Orientierungs-Gassipause an der Landstraße knüpft Lola sofort Kontakte mit dem Hund anderer Camper. Offenbar geht das auch, ohne ihm zu signalisieren, dass sie sich ihn am besten als Vorspeise vorstellen könnte. Ich scheine ähnlich harm- und zudem hilflos zu wirken, denn auch ich werde von den hundehaltenden Campern angesprochen. So gibt es den Durchbruch inSachen Platzsuche: Camping municpal in Beaune! Zu dieser Jahreszeit als beliebter Stopp auf der Fahrt ans Mittelmeer nicht nur geöffnet, sondern auch nett und stadtnah!

 

Meine Stellplatzapp kennt seine Adresse und ich lasse sie in die Navigation übertragen. Ich folge der blauen Linie und finde mich nach ca. 250 Kurven und 100 Tempo-30-Hoppeln an dem Campingplatz am See, von dem ich schon wusste, dass er die Saison beendet hat.

Lola liebt mich nicht mehr. Langsam scheint ihr die Autofahrerei doch unerquicklich. Wir legen noch eine Pause ein; ich um tief durchzuatmen und das Navi richtig zuinstruieren und für Lola soll noch eine Schnüffelrunde am See drinsitzen. Es ist eh dunkel. Dann fahren wir zurück über die 250 Kurven und 100 Tempo-30-Hoppel.

Irgendwann werde ich geblitzt. Mitten im Nichts. Kein Dorf, einfach nur Landstraße, mit Kurven. Ich meine mich an ein Tempo-90-Schild zu erinnern. Aber eigentlich gilt auf Landstraßen in Frankreich doch Tempo 80, oder? Genau, aber es gibt Ausnahmen! Es könnte sich zumBeispiel das Departement entschieden haben, dass das, was die Zentralregierung da wieder beschlossen hat,völliger Fromage ist, die da in Paris sowieso keine Ahnung haben und die Frau des Maires aus dem Village, Ohlala!, très charmant!, mit ihrem roten Porsche ja sonst gar nicht zur Kosmetikerin im anderen Village kommt. Impossible!!- Also 90.

Ich bin mir keiner Schuld bewusst, also außer, dass ich vielleicht nicht so Ohlala! und très charmant! bin. Dabei sind die Geschwindigkeitsregeln eigentlich ganz einfach:

· innerorts 50,

· außerorts 80,

· Schnellstraßen 110

· Autobahnen 130

Es sei denn, man fährt ein Wohnmobil über 3,5 to, einschl. der Kilos, die man selbst so mitbringt), es sind doch mal nicht zwei Spuren in jeder Richtung vorhanden, oder man hat den Führerschein weniger als 3 Jahre oder es regnet, oder es tritt der Departement-Zweifelsfall (ohlala!) ein, dann gelten doch eher 100, oder allgemein 90, oder 80 und in Paris sowieso fast überall 30.

Ich fahre mal sicherheitshalber noch langsamer, obwohl ich Hunger habe und komme tatsächlich trotzdem an.

Das sollte Ohlala! auch mal probieren. Gelingt wahrscheinlich auch mit Kosmetikerinnen und würde mein Leben einfacher werden lassen. 80, und fertig!

Teil 9

Beaune klappt. Das Restaurant am Platz kann überredet werden, mir noch eine Kleinigkeit zu kochen. Ich sah mich schon vor einem Schälchen Trockenfutter. – Tiefschlaf.

Am nächsten Morgen ist wieder herrliches Wetter. Die Sonne scheint auf einen alten rot-weißen VW-Bus T2 nebenan. Baujahr ab 1967. Davor ein Klapptisch mit einem Dutzend leerer Weinflaschen, auf dem Dach zwei kleine Kuhfiguren, im Auto ein gepflegtes Chaos aus Landkarten, Gläsern, Abfällen. Ich vermute: das ist Kunst – das soll nicht weg.

Nach der Morgentoilette hat sich die T2- Installation vervollständigt: Es gibt einen Fahrer, der mit dem Bus in perfekter Symbiose zu leben scheint.

Der Ort Beaune gilt als Weinstadt. Viele Winzergemeinschaften und Weinläden bieten hier Verkostungen und hochwertige Weine an.

Architektonisches Highlight ist das Hotel Dieu, ein ehemaliges Hospiz. Im Innenhof zeigt sich eine schön strukturierte Fassade und eine mit viele Gauben besetzte Dachlandschaft aus farbigen Ziegeln.

Um diese Jahreszeit ist der Ort gut besucht, aber nicht überlaufen. Die Schlange vor dem Hotel Dieu ist kurz. Nach einer halben Stunde sind Lola und ich an der Kasse. Der Impfausweis von mir wird akzeptiert, aber Lola nicht. Es zeigt sich die Lückhaftigkeit meines Französischunterrichts. „Maulkorb“ gehörte nicht zur Ausbildung. Ich verstehe trotzdem, biete eine Schlaufe um die Schnauze an (die ich wahrscheinlich mit Lola noch hätte ausdiskutieren müssen), bekomme aber immer nur wieder etwas mit „Sac“ und Gesten, die einen geschlossenen Schutz des Maulbereichs andeuten, als Antwort.

Die Wartenden hinter mir schwanken zwischen Ungeduld und Mitleid. Sie scheinen zu erkennen, dass es da keine Lösung gibt und ich nach 30 Minuten Wartezeit ohne Blick auf den Innenhof abziehen werde. Ich verkneife mir ein „Sack!“ und erfülle ihre Erwartung.

Wenige Tage später reist die Kanzlerin nach Beaune. Aus dem Buch „Miss Merkel – Mord in der Uckermark“ von David Safier, wissen wir, dass die Kanzlerin einen Mops namens Putin hat, oder zumindest im Ruhestand haben wird. Ich frage mich, ob Putin wohl auch einen Sac …?

Teil 10

Wenige Wege führen dabei nicht durch Lyon. Durch frühere Fahrten haben sich zwei Besonderheiten der Stadt bei mir eingeprägt: die Staus in den Tunnels und die Staus außerhalb der Tunnels.

Irgendwann werde ich den empörten Widersprüchen französischer Freunde Rechnung tragen müssen und mir die Stadt wirklich mal ansehen. Ihr Hinweis: die Stadt hat sich toll entwickelt und ist einen Aufenthalt wert! Später.

Genau als ich an dem Confluences Museum vorbeikomme: kein Stau. Deshalb ein schlechtes Foto. Sorry.

Erst einmal bestätigt sich mein Vorurteil. Ich werde seit Langem mal wieder angehupt.

Ich lege meine Zeigefinger auf das Lenkrad, bilde vor meinem Bauch eine Raute und entspanne.

Ja, vor dem Bauch, nicht unter. So groß ist mein Übergewicht auch nicht, als dass sie da nicht noch hinpassen würde. Ich kann sie da sogar noch sehen!

Über Malaucene und Veaux kommt man zum westlichen Einstieg in Les Corges de Toulourenc. Die tiefe, enge, wasserführende Schlucht gilt als spannende Wanderung, bei der man nur mit Wasserschuhen und Badehose
bekleidet sein sollte. Ein großer, aufwändig angelegter (an diesem Tag leerer) Parkplatz belegt die Bedeutung des Ortes. Abenteuer winkt!

Eine Warntafel an der kleinen Brücke schreckt mit zwei Argumenten ab:

  • Bei Regengüssen im oberen Bachlauf-Bereich schwillt der Bach innerhalb von Sekunden so stark an, dass Ertrinken die einzig mögliche Konsequenz ist
  • Das Tal wurde zum Naturschutzgebiet erklärt. Hier wohnen eine Art Grottenolm und andere seltene Tiere.

Der Himmel ist blau, Regen nicht zu erwarten, ich beschließe die Tierwelt nur ein ganz kleines bisschen zu stören und wate los, durch das 10 cm tiefe Bachbett. Nur bis zur ersten Enge, so der Plan.
Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich die Badehose für Lola nicht dabeihabe oder ob sie die Warntafel
gelesen hat. In jedem Fall bewegt sie sich keinen Schritt ins Wasser. Dass sie kein Seehund ist, war mir ja bekannt, aber diese Form der Totalverweigerung …

Wir einigen uns darauf, die Schlucht von oben über Trampelpfande zu erkunden. Aber es scheint, als hätte der Naturschutz Vorrang vor dem Tourismus errungen. Die Wege sind alle paar Meter mit dornigen, abgeschnittenen Ästen versperrt.

Das Abenteuer fällt etwas kurz und eigentlich ganz aus.

Aber der Weg nach Osten aus dem Tal entschädigt! Enge Straßen schlängeln sich durch die schmale Schlucht, hinter dem Talausgang reicht der Blick bis auf die von der Sonne beschienenen hohen Alpen.

Kleine Dörfer auf Felsensäulen, bizarre Gesteinsformationen,

Treffpunkte für Wildcamper mit Gitarre und Gesang. Viel 1960-er-Romantik. Und alles überragt vom Mont Ventoux.

Teil 11

Mont Ventoux.

Für Radler mit alpinen Ambitionen ist der weit und breit höchste Berg ein Mecca. Der Blick entschädigt vielleicht für die Nahtoderfahrung, mit der ich für mich rechnen würde, hätte ich den Berg mit Rad erklommen.

Lola ist zufrieden. Hauptsache kein Wasser! Sie schläft in ihrer Kissenwanne, schaut gelegentlich auf, scheint kurz interessiert am Ausblick, ohne sich bei den vielen Kurven übergeben zu wollen. Offenbar ist sie doch geprägt durch ihre Urahnen, die eben nicht aus den nebligen Sümpfen Norfolks stammen, sondern aus dem Gebirge in der Grenzregion zwischen England und Schottland.

Ich bleibe hartnäckig. Nächstes Ziel: Lac de Croix in der Provence- Alpes- Cote. Wieder Wasser.

Aber erst mal ist es wieder spät geworden. Ich bekomme von meiner StellplatzApp einen Campingplatz im Durance-Tal vorgeschlagen und folge brav. Der Weg von der Landstraße zu dem Ziel laut Navi lässt mich schon
Übles ahnen. Kein Schild, keine anderen Camper auf den engen Straßen.

Entsprechend der Empfang: Hier hat seit Jahren keiner mehr seine Zelte aufgeschlagen. Die Anmeldung halb verfallen, der Wind treibt Räder aus Zweigen über den Platz, irgendwo spielt jemand auf der Mundharmonika ein trauriges Lied, Charles Bronson tritt breitbeinig durch die Tür das Schuppens, blinzelt in die untergegangene Sonne und noch bevor er mich erschießt, komme ich zurück in die Realität. Das habe ich voll drauf! Selbsterhaltungstrieb.

Die Realität bedeutet, dass mich die App wieder in eine Sackgasse gelotst hat, bzw. dass ich endlich mal lernen muss, ihr mit etwas mehr Misstrauen zu begegnen und einfach mal beim Platz anzurufen und zu prüfen, ob es sich um einen real existierenden Platz handelt und dann erst das Navi zu füttern. Mach ich. Ab Morgen.

Jetzt erst mal den erstbesten nächsten Platz ansteuern, mit Lola noch eine Abendrunde drehen und
Tiefschlaf.

Die ganze Geschichte mit Fotos gibt es auch als Buch zu kaufen!
Ein ideales Geschenk für Camper und Hundefreunde!

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